Das Paradies und die Biberratten des Herrn Hufnagel
Wenn ich heute an meine Kindheit zurück denke, dann denke ich, dass wir Butjer in Lehe damals das Paradies auf Erden zum Spielen hatten. Es war gleich nach dem Krieg und so gab es da- mals natürlich noch keine öffentlichen Spielplätze. Aber wir waren viele Kinder in unserem Viertel und wir hatten auch unsere Spielplätze. Diese waren sicher nicht so perfekt wie die heutigen, aber für uns waren sie abenteuerlich, wild und sicher auch manchmal gefährlich. Wir waren jung, unbändig und unsere Eltern hatten auch gar keine Zeit, sich dauernd darum zu kümmern wo wir waren. Die Mütter waren meistens damit beschäftigt, irgendwo etwas Essbares herzubekommen und die Männer mussten arbeiten. Also suchten wir uns unsere eigenen Spielplätze in der Umge- bung. Da war zuerst einmal der Saarpark. Im Saarpark floss die Aue, man konnte darin Stichlinge und sonstige kleine Wassertiere fangen, die dann ins mitgebrachte Marmeladenglas tun und schon hatte man ein Aquarium zuhause im Zimmer. Das ging zumindest solange gut, bis der Gestank des brackigen Aue-Wassers der Mutter zuviel wurde und man das Marmeladenglas entsorgen musste. Oder wir bauten Höhlen im Saarpark. Dabei kam es natürlich immer auf die Zusammensetzung der Gruppe an, die dort spielte, aber da ich als Kind immer lieber mit den Jungen herumtollte, bauten wir natürlich Höhlen für Gangster und Piraten, während die braven Mädchen immer nur Haus und Familie spielen wollten und sich dafür eine Höhle bauten. Sei’s drum, jeder machte das nach seinem Gusto und alle waren glücklich und zufrieden. Es war schon toll so einen Park zum Spielen zu haben. Das Dollste aber überhaupt war, wenn sich die Gruppen aus den verschiedenen Straßen zu ein- er „Straßenkloppe“ verabredeten und dann mit Ästen und Stöcken aus dem Saarpark aufeinan- der losgingen. Aber so gefährlich das heute klingen mag, viel ist bei diesen Straßenkloppen nie passiert. Wahrscheinlich war es nur ein leichtes Säbelrasseln, denn um uns gegenseitig richtig zu verhauen, fehlte uns wahrscheinlich dann doch der Mut, waren wir doch alle noch ziemlich jung und so richtig Krach hatten wir mit den anderen ja auch nicht. Ich kann mich jedenfalls an keine einzige Verletzung erinnern und ich denke auch, dass wir damals alle viel zuviel Schiss vor unseren Eltern hatten. Denn, wenn was bei diesen Straßenkloppen passiert wäre, hätte es zu- hause wahrscheinlich noch viel mehr „Kloppe“ gegeben, oder man hätte Stubenarrest bekom- men und das hätte richtig wehgetan. Also brüllte man nur aufeinander ein, schlug die Stöcke wild durch die Luft und dann vertrug man sich irgendwann auch wieder miteinander. Genauso ein Abenteuerspielplatz war der Holzplatz von Kistner am Ende der Luisenstraße. Hier lagerten die großen Balken der Tischlerei Kistner und wir Kinder fanden es herrlich, dort zwi- schen den Balken herumzuklettern. Auch dort bauten wir Höhlen und Verstecke, schworen uns Blutsbrüderschaften (wobei ich als Mädchen natürlich immer nur ausnahmsweise geduldet wur- de) und wir machten dort unsere Mutproben. Wer z.B. auf den höchsten Holzstapel klettern kon- nte oder sogar dort oben balancieren konnte, ja der war schon mutig und wurde bald Anführer unserer Gruppe. Mädchen kamen da natürlich nicht in Frage, aber ich war ja plietsch und konnte mich anderweitig profilieren. Ich kannte nämlich einen Mann, der Biberratten züchtete und das war schon etwas ganz Außer- gewöhnliches. Der Herr Hufnagel, so hieß der Mann, hatte eine Heißmangel auf dem Sülten und da meine El- tern dort öfter etwas mangeln ließen, musste ich manchmal dort hin und die Sachen wieder ab- holen. Und so lernte ich den netten Herrn Hufnagel näher kennen und der erzählte mir, dass er in seinem Garten an der Geeste Biberratten züchtete. Wenn ich Lust hätte, könnte ich mir die ruhig mal angucken. Alleine hatte ich vor diesen Viechern natürlich viel zu viel Angst, aber das war natürlich etwas, womit ich bei den Jungs punkten konnte. Biberratten hatten die nämlich auch noch nie gesehen, da war ich mir sicher. Die Gärten an der Geeste kannten wir natürlich schon, stromerten wir dort doch auch immer mal entlang, klauten Äpfel am Wegesrand und schauten den Ruderern bei ihrem Training zu. Und so fragte ich dann Herrn Hufnagel, ob ich denn zu ihm auch mit meinen Freunden kommen könnte, um die Ratten anzuschauen. Natürlich sagte er und lud uns schon am nächsten Tag ein, ihn in seinem Garten zu besuchen. Etwas mulmig war mir schon, hatte ich doch eine Riesenangst vor Ratten, denn ab und zu sah man ja schon mal eine über die Strasse laufen und ich stellte mir dann immer vor, dass sie mir über die Füße laufen könnte und das war weiß Gott keine schöne Vorstellung. Aber ich wollte ja mutig sein und vor meinen Freunden angeben, dass mich so eine Ratte ja nun gar nicht beein- drucken konnte. Also erwähnte ich so ganz nebenbei, dass ich jemanden kannte, der Biberratten züchtete und wir uns die ruhig mal aus der Nähe angucken und vielleicht sogar anfassen kön- nten. Die Neugier war groß und so zogen wir am anderen Tag zum Garten des Herrn Hufnagel, um uns die Ratten anzuschauen. Wir staunten nicht schlecht als wir die riesigen Biberratten zum ersten Mal sahen. Sie sahen richtig gefährlich aus und vor allen Dingen hatten sie superlange orangefarbene Zähne. Diese machten uns dann doch ein bisschen Angst, so dass keiner auf die Idee kam, so ein Tier auch anfassen zu wollen. Wahrscheinlich hätte das Herr Hufnagel auch gar nicht zugelassen, aber das mussten die anderen ja nicht unbedingt wissen. Ich weiß noch, dass Herr Hufnagel uns erklärte woher die Biberratten stammen und dass sie eine Größe von ca. 65 cm erreichen und zusätzlich noch einen Schwanz von 25-35 cm haben. Das ganze machte mir diese Viecher nicht gerade sympathischer. Gut, dass sie im Gehege wa- ren, aber die Jungs waren vollauf begeistert und von da ab war ich ein vollwertiges Mitglied ihrer Gruppe. Ich weiß aber bis heute nicht, warum der Herr Hufnagel diese Biberraten gezüchtet hat. Im Nachhinein nehme ich an, dass er sie wegen ihres Felles gezüchtet hat, aber das hat er uns damals nicht verraten. © Brigitte Ehlers 2010
Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe e.V. ‒ Verein Wohnungsvermarktungsnetzwerk
E-Mail: info@esglehe.de
Das Paradies und die Biberratten des Herrn Hufnagel
Wenn ich heute an meine Kindheit zurück denke, dann denke ich, dass wir Butjer in Lehe damals das Paradies auf Erden zum Spielen hatten. Es war gleich nach dem Krieg und so gab es damals natürlich noch kei- ne öffentlichen Spielplätze. Aber wir waren viele Kinder in unserem Vier- tel und wir hatten auch unsere Spielplätze. Diese waren sicher nicht so perfekt wie die heutigen, aber für uns waren sie abenteuerlich, wild und sicher auch manchmal gefährlich. Wir waren jung, unbändig und unsere Eltern hatten auch gar keine Zeit, sich dauernd darum zu kümmern wo wir waren. Die Mütter waren meistens damit beschäftigt, irgendwo etwas Essbares herzubekommen und die Männer mussten arbeiten. Also such- ten wir uns unsere eigenen Spielplätze in der Umgebung. Da war zuerst einmal der Saarpark. Im Saarpark floss die Aue, man kon- nte darin Stichlinge und sonstige kleine Wassertiere fangen, die dann ins mitgebrachte Marmeladenglas tun und schon hatte man ein Aquarium zuhause im Zimmer. Das ging zumindest solange gut, bis der Gestank des brackigen Aue-Wassers der Mutter zuviel wurde und man das Mar- meladenglas entsorgen musste. Oder wir bauten Höhlen im Saarpark. Dabei kam es natürlich immer auf die Zusammensetzung der Gruppe an, die dort spielte, aber da ich als Kind immer lieber mit den Jungen herumtollte, bauten wir natürlich Höh- len für Gangster und Piraten, während die braven Mädchen immer nur Haus und Familie spielen wollten und sich dafür eine Höhle bauten. Sei’s drum, jeder machte das nach seinem Gusto und alle waren glücklich und zufrieden. Es war schon toll so einen Park zum Spielen zu haben. Das Dollste aber überhaupt war, wenn sich die Gruppen aus den ver- schiedenen Straßen zu einer „Straßenkloppe“ verabredeten und dann mit Ästen und Stöcken aus dem Saarpark aufeinander losgingen. Aber so gefährlich das heute klingen mag, viel ist bei diesen Straßenkloppen nie passiert. Wahrscheinlich war es nur ein leichtes Säbelrasseln, denn um uns gegenseitig richtig zu verhauen, fehlte uns wahrscheinlich dann doch der Mut, waren wir doch alle noch ziemlich jung und so richtig Krach hatten wir mit den anderen ja auch nicht. Ich kann mich jedenfalls an keine einzige Verletzung erinnern und ich denke auch, dass wir da- mals alle viel zuviel Schiss vor unseren Eltern hatten. Denn, wenn was bei diesen Straßenkloppen passiert wäre, hätte es zuhause wahrschein- lich noch viel mehr „Kloppe“ gegeben, oder man hätte Stubenarrest be- kommen und das hätte richtig wehgetan. Also brüllte man nur aufeinan- der ein, schlug die Stöcke wild durch die Luft und dann vertrug man sich irgendwann auch wieder miteinander. Genauso ein Abenteuerspielplatz war der Holzplatz von Kistner am Ende der Luisenstraße. Hier lagerten die großen Balken der Tischlerei Kistner und wir Kinder fanden es herrlich, dort zwischen den Balken herumzu- klettern. Auch dort bauten wir Höhlen und Verstecke, schworen uns Blutsbrüderschaften (wobei ich als Mädchen natürlich immer nur aus- nahmsweise geduldet wurde) und wir machten dort unsere Mutproben. Wer z.B. auf den höchsten Holzstapel klettern konnte oder sogar dort oben balancieren konnte, ja der war schon mutig und wurde bald Anführ- er unserer Gruppe. Mädchen kamen da natürlich nicht in Frage, aber ich war ja plietsch und konnte mich anderweitig profilieren. Ich kannte nämlich einen Mann, der Biberratten züchtete und das war schon etwas ganz Außergewöhnliches. Der Herr Hufnagel, so hieß der Mann, hatte eine Heißmangel auf dem Sülten und da meine Eltern dort öfter etwas mangeln ließen, musste ich manchmal dort hin und die Sachen wieder abholen. Und so lernte ich den netten Herrn Hufnagel näher kennen und der erzählte mir, dass er in seinem Garten an der Geeste Biberratten züchtete. Wenn ich Lust hätte, könnte ich mir die ruhig mal angucken. Alleine hatte ich vor diesen Vie- chern natürlich viel zu viel Angst, aber das war natürlich etwas, womit ich bei den Jungs punkten konnte. Biberratten hatten die nämlich auch noch nie gesehen, da war ich mir sicher. Die Gärten an der Geeste kannten wir natürlich schon, stromerten wir dort doch auch immer mal entlang, klauten Äpfel am Wegesrand und schauten den Ruderern bei ihrem Training zu. Und so fragte ich dann Herrn Hufnagel, ob ich denn zu ihm auch mit meinen Freunden kommen könnte, um die Ratten anzuschauen. Natürlich sagte er und lud uns schon am nächsten Tag ein, ihn in seinem Garten zu besuchen. Etwas mulmig war mir schon, hatte ich doch eine Riesenangst vor Rat- ten, denn ab und zu sah man ja schon mal eine über die Strasse laufen und ich stellte mir dann immer vor, dass sie mir über die Füße laufen könnte und das war weiß Gott keine schöne Vorstellung. Aber ich wollte ja mutig sein und vor meinen Freunden angeben, dass mich so eine Rat- te ja nun gar nicht beeindrucken konnte. Also erwähnte ich so ganz ne- benbei, dass ich jemanden kannte, der Biberratten züchtete und wir uns die ruhig mal aus der Nähe angucken und vielleicht sogar anfassen kön- nten. Die Neugier war groß und so zogen wir am anderen Tag zum Gar- ten des Herrn Hufnagel, um uns die Ratten anzuschauen. Wir staunten nicht schlecht als wir die riesigen Biberratten zum ersten Mal sahen. Sie sahen richtig gefährlich aus und vor allen Dingen hatten sie superlange orangefarbene Zähne. Diese machten uns dann doch ein bisschen Angst, so dass keiner auf die Idee kam, so ein Tier auch anfas- sen zu wollen. Wahrscheinlich hätte das Herr Hufnagel auch gar nicht zugelassen, aber das mussten die anderen ja nicht unbedingt wissen. Ich weiß noch, dass Herr Hufnagel uns erklärte woher die Biberratten stammen und dass sie eine Größe von ca. 65 cm erreichen und zusätz- lich noch einen Schwanz von 25-35 cm haben. Das ganze machte mir diese Viecher nicht gerade sympathischer. Gut, dass sie im Gehege wa- ren, aber die Jungs waren vollauf begeistert und von da ab war ich ein vollwertiges Mitglied ihrer Gruppe. Ich weiß aber bis heute nicht, warum der Herr Hufnagel diese Biberraten gezüchtet hat. Im Nachhinein nehme ich an, dass er sie wegen ihres Felles gezüchtet hat, aber das hat er uns damals nicht verraten. © Brigitte Ehlers 2010
E-Mail: info@esglehe.de
Das Paradies und die Biberratten des Herrn Hufnagel
Wenn ich heute an meine Kindheit zu- rück denke, dann denke ich, dass wir Butjer in Lehe damals das Paradies auf Erden zum Spielen hatten. Es war gleich nach dem Krieg und so gab es damals natürlich noch keine öffentlichen Spiel- plätze. Aber wir waren viele Kinder in un- serem Viertel und wir hatten auch unsere Spielplätze. Diese waren sicher nicht so perfekt wie die heutigen, aber für uns waren sie abenteuerlich, wild und sicher auch manchmal gefährlich. Wir waren jung, unbändig und unsere Eltern hatten auch gar keine Zeit, sich dauernd darum zu kümmern wo wir waren. Die Mütter waren meistens damit beschäftigt, ir- gendwo etwas Essbares herzubekom- men und die Männer mussten arbeiten. Also suchten wir uns unsere eigenen Spielplätze in der Umgebung. Da war zuerst einmal der Saarpark. Im Saarpark floss die Aue, man konnte darin Stichlinge und sonstige kleine Wasser- tiere fangen, die dann ins mitgebrachte Marmeladenglas tun und schon hatte man ein Aquarium zuhause im Zimmer. Das ging zumindest solange gut, bis der Gestank des brackigen Aue-Wassers der Mutter zuviel wurde und man das Marme- ladenglas entsorgen musste. Oder wir bauten Höhlen im Saarpark. Da- bei kam es natürlich immer auf die Zu- sammensetzung der Gruppe an, die dort spielte, aber da ich als Kind immer lieber mit den Jungen herumtollte, bauten wir natürlich Höhlen für Gangster und Pira- ten, während die braven Mädchen immer nur Haus und Familie spielen wollten und sich dafür eine Höhle bauten. Sei’s drum, jeder machte das nach seinem Gusto und alle waren glücklich und zufrieden. Es war schon toll so einen Park zum Spielen zu haben. Das Dollste aber überhaupt war, wenn sich die Gruppen aus den verschiedenen Straßen zu einer „Straßenkloppe“ verab- redeten und dann mit Ästen und Stöcken aus dem Saarpark aufeinander losgin- gen. Aber so gefährlich das heute klin- gen mag, viel ist bei diesen Straßenklop- pen nie passiert. Wahrscheinlich war es nur ein leichtes Säbelrasseln, denn um uns gegenseitig richtig zu verhauen, fehl- te uns wahrscheinlich dann doch der Mut, waren wir doch alle noch ziemlich jung und so richtig Krach hatten wir mit den anderen ja auch nicht. Ich kann mich jedenfalls an keine einzige Verletzung erinnern und ich denke auch, dass wir damals alle viel zuviel Schiss vor unse- ren Eltern hatten. Denn, wenn was bei diesen Straßenkloppen passiert wäre, hätte es zuhause wahrscheinlich noch viel mehr „Kloppe“ gegeben, oder man hätte Stubenarrest bekommen und das hätte richtig wehgetan. Also brüllte man nur aufeinander ein, schlug die Stöcke wild durch die Luft und dann vertrug man sich irgendwann auch wieder miteinan- der. Genauso ein Abenteuerspielplatz war der Holzplatz von Kistner am Ende der Lui- senstraße. Hier lagerten die großen Bal- ken der Tischlerei Kistner und wir Kinder fanden es herrlich, dort zwischen den Balken herumzuklettern. Auch dort bau- ten wir Höhlen und Verstecke, schworen uns Blutsbrüderschaften (wobei ich als Mädchen natürlich immer nur ausnahms- weise geduldet wurde) und wir machten dort unsere Mutproben. Wer z.B. auf den höchsten Holzstapel klettern konnte oder sogar dort oben balancieren konnte, ja der war schon mutig und wurde bald An- führer unserer Gruppe. Mädchen kamen da natürlich nicht in Frage, aber ich war ja plietsch und konnte mich anderweitig profilieren. Ich kannte nämlich einen Mann, der Bi- berratten züchtete und das war schon etwas ganz Außergewöhnliches. Der Herr Hufnagel, so hieß der Mann, hatte eine Heißmangel auf dem Sülten und da meine Eltern dort öfter etwas mangeln ließen, musste ich manchmal dort hin und die Sachen wieder abholen. Und so lernte ich den netten Herrn Huf- nagel näher kennen und der erzählte mir, dass er in seinem Garten an der Geeste Biberratten züchtete. Wenn ich Lust hät- te, könnte ich mir die ruhig mal anguck- en. Alleine hatte ich vor diesen Viechern natürlich viel zu viel Angst, aber das war natürlich etwas, womit ich bei den Jungs punkten konnte. Biberratten hatten die nämlich auch noch nie gesehen, da war ich mir sicher. Die Gärten an der Geeste kannten wir natürlich schon, stromerten wir dort doch auch immer mal entlang, klauten Äpfel am Wegesrand und schauten den Ruder- ern bei ihrem Training zu. Und so fragte ich dann Herrn Hufnagel, ob ich denn zu ihm auch mit meinen Freunden kommen könnte, um die Ratten anzuschauen. Na- türlich sagte er und lud uns schon am nächsten Tag ein, ihn in seinem Garten zu besuchen. Etwas mulmig war mir schon, hatte ich doch eine Riesenangst vor Ratten, denn ab und zu sah man ja schon mal eine über die Strasse laufen und ich stellte mir dann immer vor, dass sie mir über die Füße laufen könnte und das war weiß Gott keine schöne Vorstellung. Aber ich wollte ja mutig sein und vor meinen Freunden angeben, dass mich so eine Ratte ja nun gar nicht beeindrucken kon- nte. Also erwähnte ich so ganz nebenbei, dass ich jemanden kannte, der Biberrat- ten züchtete und wir uns die ruhig mal aus der Nähe angucken und vielleicht so- gar anfassen könnten. Die Neugier war groß und so zogen wir am anderen Tag zum Garten des Herrn Hufnagel, um uns die Ratten anzuschauen. Wir staunten nicht schlecht als wir die riesigen Biberratten zum ersten Mal sahen. Sie sahen richtig gefährlich aus und vor allen Dingen hatten sie super- lange orangefarbene Zähne. Diese machten uns dann doch ein bisschen Angst, so dass keiner auf die Idee kam, so ein Tier auch anfassen zu wollen. Wahrscheinlich hätte das Herr Hufnagel auch gar nicht zugelassen, aber das mussten die anderen ja nicht unbedingt wissen. Ich weiß noch, dass Herr Hufnagel uns erklärte woher die Biberratten stammen und dass sie eine Größe von ca. 65 cm erreichen und zusätzlich noch einen Schwanz von 25-35 cm haben. Das gan- ze machte mir diese Viecher nicht gerade sympathischer. Gut, dass sie im Gehege waren, aber die Jungs waren vollauf be- geistert und von da ab war ich ein voll- wertiges Mitglied ihrer Gruppe. Ich weiß aber bis heute nicht, warum der Herr Hufnagel diese Biberraten gezüchtet hat. Im Nachhinein nehme ich an, dass er sie wegen ihres Felles gezüchtet hat, aber das hat er uns damals nicht verraten. © Brigitte Ehlers 2010
ESG Lehe e.V. ‒ Verein
E-Mail: info@esglehe.de
Leher Geschichten
Leher Geschichten
Das Paradies ...
Gründerzeit Quartier